Freitag, April 19

Den Sternen ganz nah

von Sarah Huemer |

Die Astrophysikerin Konstanze Zwintz widmet sich der Erforschung junger Sterne und deren Aufbau, um herauszufinden, was Sterne und nicht zuletzt das Universum im Innersten zusammenhält.

100 Millionen Jahre – was für uns Menschen eine fast unvorstellbare Ewigkeit darstellt, ist für so manchen Stern gerade mal das Ende seines „Teenageralters“. Während die Erde noch ein unbewohnbarer Planet war und später erst langsam die ersten Lebewesen entstanden, leuchteten manche Sterne bereits seit Millionen von Jahren – und tun es zum Teil heute noch immer. Was sich im Inneren der Sterne befindet und wie sich das Universum kontinuierlich entwickelt, beschäftigt viele, so auch die Astrophysikerin Konstanze Zwintz von der Universität Innsbruck. 

Die großen (philosophischen) Fragen des Universums

Doch was erzählen Sterne und warum ist es bedeutsam, sie zu erforschen? Die Astrophysik gehört zur Gattung der Grundlagenforschung. Das bedeutet, dass die Forschung zwar gesellschaftlich keine direkte Anwendung findet, jedoch für weitere technologische Entwicklungen essentiell ist. Vieles, das ursprünglich für die Raumfahrt oder in der Astrophysik entwickelt wurde, kommt heute in alltäglicher Technologie, wie etwa in Smartphones, zum Einsatz. Aber auch aus philosophischer Sicht lohnt es sich durchaus, einen genaueren Blick in die Sterne zu werfen. „Die Erde ist ein außergewöhnlicher Planet. Wir wohnen in einem Sonnensystem und die Sonne ist unser Zentralstern. Ein großes Forschungsgebiet zielt darauf ab, eine zweite Erde zu finden. Man fragt sich, ob wir etwas Besonders sind oder ob es uns öfter gibt. Die Frage, woher wir kommen, treibt mich in meiner Forschung von jungen Sternen an“, so Konstanze Zwintz. 

Was ist eigentlich ein Stern?

Ein Stern ist ein massereicher Himmelskörper bestehend aus heißem Gas und Plasma, der in seiner „Lebenszeit“ verschiedene Stadien durchläuft. Bei der Geburt ist der Stern in eine Molekülwolke eingebettet. „Ich vergleiche das gerne mit zusammengeballtem Hausstaub: Wird lange nicht gestaubsaugt, so bilden sich Knoten und Bällchen. Was bei uns der Luftzug macht, der den Staub zusammen in den Ecken sammelt, macht im Universum eine Druckwelle, die von einer Super-Nova Explosion ausgeht. Diese Welle ballt den kosmischen Staub zusammen in eine Molekülwolke“, erklärt Konstanze Zwintz. Aus dieser Molekülwolke ballt sich durch Kontraktionen und die Schwerkraft ein erster Stern, der Protostern, zusammen. In diesem Prozess wird die Schwerkraft immer größer und der Stern beginnt zu leuchten – er wird so das erste Mal sichtbar für uns. Fortlaufend zieht er sich weiter zusammen, wird kleiner, heißer und kompakter. Ab dem Zeitpunkt, wo der Stern beginnt, Wasserstoff im Kern bei 10 Millionen °C zu verbrennen (= Kernfusion von Wasserstoff zu Helium), ist die Pubertät vorbei und das Erwachsenenalter beginnt. Wann das geschieht, ist nicht unbedingt eine Frage der Zeit, sondern der Masse: Je massereicher der Stern, desto früher verbrennt er Wasserstoff. Die Sonne hat beispielsweise 50 Millionen Jahre gebraucht, bis sie mit der Wasserstoffverbrennung begann, andere Sterne hingegen benötigten nur eine Million Jahre. Doch das ewige Leben bleibt auch Sternen vorenthalten: „Es gibt einen Endpunkt, der auch gleich wieder ein neuer Beginn ist – man spricht vom Lebenszyklus. Die meiste Zeit seines Lebens wandelt der Stern Wasserstoff in Helium um. Danach verbrennt er Helium, weitere Elemente folgen. Das passiert so lange, wie der Stern Energie aufbringen kann – je schwerer das Element, desto mehr Energie braucht er. Und so stoppt die Fusion irgendwann und der Stern wird zu einem Weißen Zwerg. Auch die Sonne wird in circa 4 Milliarden Jahren in ein neues Stadium eintreten – sie wird sich zu einem Roten Riesen aufblähen und ihr Radius wird dann bis über die Erdbahn hinaus reichen. Und am Ende wird die Sonne zu einem Weißen Zwerg.“ Massereiche Sterne (mit Massen von bis zu 300 mal der Masse der Sonne) entledigen sich in ihrem Endstadium in einer sogenannten Super-Nova-Explosion ihrer äußeren Schichten und schleudern diese durch das Universum. So wird eine Druckwelle ausgelöst, diese trifft wiederum auf eine Molekülwolke und der Kreislauf schließt sich mit der Entstehung neuer Sterne. Das Endstadium solcher massereicher Sterne ist entweder ein Neutronenstern oder ein schwarzes Loch.

Klingende und schwingende Sterne

Herauszufinden, wie Sterne von innen aufgebaut und wie alt sie sind – das ist Hauptaugenmerk der sogenannten Asteroseismologie, der sich Konstanze Zwintz widmet. Die Grundlage dafür: Schwingungen der Sterne. „Genauso, wie die Erde Erdbeben hat und wir darüber den Aufbau der Erde lernen, beben auch Sterne. Die dadurch verursachten Schwingungen verwenden wir, um herauszufinden, wie Sterne von innen aufgebaut sind“, erklärt Konstanze Zwintz. Die Schwingungen finden im Stern statt und sind in einem Frequenzbereich, der vom Menschen nicht gehört werden kann. Jedoch können die Auswirkungen der Beben über den Radius des Sterns gesehen werden – einfach gesagt: Der Stern wird größer und kleiner, es kommt einmal mehr und einmal weniger Licht zu uns. Diese Veränderungen werden über einen möglichst langen Zeitraum (oftmals ein halbes Jahr oder ein ganzes Jahr) per Satellit gemessen, was dann wiederum die schrittweise Konstruktion des Sterninneren ermöglicht. „Man stellt sich einen Querschnitt des Sterns vor: Eine Welle geht vielleicht nur ein Drittel hinein und wird dann wieder zurückgeworfen. Ein andere dringt bis zur Hälfte vor, eine weitere schafft es vielleicht durch den gesamten Stern. So kann Schicht für Schicht ermittelt werden, was im Inneren des Sterns ist.“ Die Schwingungsperioden können dabei je nach Stern ganz unterschiedlich sein und reichen von wenigen Sekunden über mehrere Stunden bis hin zu vielen Tagen oder gar Monaten. Unsere Sonne hat beispielsweise eine Periode von fünf Minuten. Doch manche Sterne machen es Konstanze Zwintz besonders schwer: Der Stern mit dem „Namen“ HD 142666 hat die Astrophysikerin jahrelang mit seinen irregulären Lichtveränderungen und gleichzeitigen regelmäßigen Pulsationen vor ein Rätsel gestellt – bis sich im Gespräch mit Kollegen die Lösung fand: „Es ist ein Stern mit einer Scheibe, er hat Planeten und vielleicht auch Kometen und Monde – doch wir wissen es nicht, wir können es nicht sehen. Ich dachte immer, die vorbeiziehenden Klumpen sind Wolken, doch sie können auch Planeten, Kometen oder sonstige feste Objekte sein, die sich da gerade erst bilden – es ist richtig spannend.“  Und das wird es für Konstanze Zwintz und ihr Team wohl auch in den nächsten Jahren noch bleiben.

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