Freitag, März 29

Wasserstoff – der Treibstoff der Zukunft? Teil 2

Von Simon Schöpf
Lesezeit
ca. 5 Minuten

Hier ist Teil 1 des Artikels

Startschuss und Ziele

Die EU-Genehmigung für die Finanzierung des Projekts wurde 2016 erteilt und 2019 begann das Detailengineering. Der eigentliche Baustart am Standort Völs war im September 2020. Nacheinander kamen die Speichertanks und der Elektrolyseur. Im Frühjahr 2022 ging man in die Inbetriebsnahmephase über. Die Ziele, die dabei unter anderem verfolgt werden, sind:

  • Den CO2-Fußabdruck zu verringern.
  • Kostentechnisch in etwa deckungsgleich mit dem Diesel-LKW zu fahren.
  • Zu zeigen, dass die dynamische Inbetriebnahme funktioniert und eine Vorreiterrolle einzunehmen.
  • Zu zeigen, dass auch mittelständische Betriebe solche Projekte stemmen können und so Nachahmer*innen zu finden.

Falls die Inbetriebnahme gelingt und Nachahmer*innen gefunden werden, könnten neben dem zentralen Hub in Völs, weitere gebaut bzw. Kooperationen mit anderen Betrieben eingegangen werden. So würde nach und nach eine Wasserstoff-Infrastruktur aufgebaut werden, um vom Diesel wegzukommen.

Das kurzfristige Ziel ist, 30 LKWs auf Wasserstoff umzustellen und je nachdem wie gut das gelingt, die restliche Flotte (insgesamt 45 LKWs) bis 2028 auf Brennstoffzellen umzurüsten. Die neuen Brennstoffzellen-LKWs kommen von der Firma Hyzon. Diese Firma baut gerade ihre Produktion in den Niederlanden aus, um seriengefertigte LKWs herzustellen. Die neuen LKWs werden dann in etwa zwölf bis 15 Minuten mit 350 bar und ca. 40 – 45 Kilogramm Wasserstoff betankt. Dafür wurde eine eigene Tankstelle auf dem Werksgelände gebaut. Nebenbei ist Thomas Trenkwalder vom Fahrgefühl der neuen LKWs begeistert:

„Der fährt sich im Grunde wie ein Hubstapler, aber mit einer ganz anderen Geschwindigkeit!“

LKW der Firma Hyzon © MPREIS / Franz Oss

Eine weitere Möglichkeit wäre es, diese Anlage zu spiegeln. Das heißt, wenn alles nach Plan läuft und die Wasserstoffproduktion funktioniert, wäre es möglich die Anlage zu erweitern und einen zweiten Elektrolyseur einzubauen. Damit könnte die Anlange mit bis zu 6,6 Megawatt und somit auch mit der doppelten Ausbeute betrieben werden.

Effizienz

Vielfach wird kritisiert, dass die Wasserstoffproduktion bzw. die Weiterverwendung in der Brennstoffzelle nicht effizient sei. Thomas Trenkwalder hält dazu fest:

„Die Elektrolyse hat einen theoretischen Wirkungsgrad von ca. 70 Prozent. Also ca. 30 Prozent an ‚Energieabfall‘ durch die Abwärme. Wir nutzen die Abwärme mit Hilfe eines Wärmetauschers, um damit Warmwasser in der MPreis Lebensmittelproduktion zu produzieren. Damit steigern wir den Wirkungsgrad auf ca. 90%. […] Der Brennstoffzellen-LKW hat einen Wirkungsgrad von der Steckdose bis auf den Reifen von ca. 60%. Ein Dieselmotor hat in etwa einen Wirkungsgrad von ca. 40%, da ist aber nicht die ganze Wertschöpfungskette (von der Gewinnung des Erdöls, über die Raffination und Transport) vor der Tankstelle eingerechnet.“

Der Betriebsleiter hat aber noch größere Hoffnungen, vor allem an die nachfolgenden Generationen, die weniger auf die wirtschaftliche Rentabilität und mehr auf den Umweltschutz achten. Auch hier punktet diese neue Art von LKW, denn es kommt nur Wasserdampf aus dem Auspuff und diese Art von LKWs sind auch bedeutend leiser.

„Diesen Benefit können wir wirtschaftlich nicht bewerten. Es ist die Frage: Muss ich es immer wirtschaftlich bewerten? Aber es ist irgendwann mal ein Teil der Lebensqualität, den ich miteinrechnen kann. Das hat einen Benefit, dass es in der Stadt drinnen nochmal leiser wird oder, dass es in jedem Dorf dann leiser ist. Und wenn dann das Müllfahrzeug um sechs Uhr oder früher vor der Haustür steht. Wenn der Diesel-LKW rumpelt neben meinem Schlafzimmer, dann werde ich heilfroh sein, wenn irgendwann einmal ein elektrischer LKW dasteht und der nur die Hälfte von dem Lärm produziert“

schwärmt Thomas Trenkwalder. Des Weiteren wird er nicht müde zu betonen, wie wichtig das „Tun“ im Gegensatz zu „darüber reden“ ist.

Gefahren und Probleme

Wer schon mal mit einer Lachgaskartusche Schlagobers im „Sahneboy“ gemacht hat, oder ein Feuerzeug wiederauffüllte kennt das: Die Kartusche wird kalt. Das liegt am Joule-Thomson-Effekt, der besagt, dass sich ausdehnende Gase abkühlen. Wasserstoff ist hierbei eine Ausnahme, denn es erwärmt sich beim Expandieren (Umgekehrter Joule-Thomson-Effekt).

In einem Zwischenspeicher bei der Tankstelle wird der Wasserstoff nochmal auf über 500 bar verdichtet und dann mit den 350 bar bei -20°C in den LKW übergeleitet. Die Tankstelle und der LKW kommunizieren in der Zwischenzeit ständig über Temperatur, Druck usw. Erfahrungen in den USA haben gezeigt, dass bei dortigen Wasserstoff-Tankstellen die Luftfeuchtigkeit am Tankstöpsel gefrieren kann, da diese dem umgekehrten Joule-Thomson-Effekt mit einer Kühlung weniger effizient entgegenwirken. Dieses Problem hatte das Team von MPreis bisher noch nicht.

Tankstelle auf dem Betriebsgelände © MPREIS / Franz Oss

Ein weiteres Beispiel aus dem Chemieunterricht ist die Knallgasexplosion. Ein Luftballon wird mit Wasserstoff gefüllt und explodiert mit einem dumpfen Knall, sobald eine kleine Flamme an den Ballon gehalten wird. Ein vermutlich noch wirkmächtigeres Bild, ist jenes der explodierenden Hindenburg aus den 1930er Jahren. Ist also Wasserstoff eine Gefahr für die Allgemeinheit? Nein, die Tanks sind nach den höchsten Sicherheitsstandards gebaut und es gibt eigene Schulungen für die hiesige Feuerwehr. Außerdem gibt es in Tirol weitere Betriebe, die mit viel größeren Mengen an Wasserstoff hantieren, wobei es zu keinen bekannten Unfällen kam.

Nachfolgerinnen für den „Klub der alten weißen Männer“ gesucht

Abschließend hält Thomas Trenkwalder noch fest, wie wichtig es ihm ist, dass mehr Frauen in diesem technischen Bereich arbeiten. Es gäbe nur eine kleine Anzahl an Frauen und er hofft, dass sich in den zukünftigen Nachahmer-Firmen mehr weibliches Personal finde. Des Weiteren ist ihm die Weiterbildung bezüglich des Wasserstoffs wichtig, um festgefahrene Ängste zu verringern und eine breite Akzeptanz zu schaffen. Die Uni Innsbruck hat im Moment keine Kooperation mit MPreis, aber vielleicht ergibt sich in der Zukunft dafür eine Möglichkeit. Mich hat das Projekt schon einmal überzeugt!

Link zur Homepage:
https://www.mpreis.at/wasserstoff

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