Montag, Dezember 9

Das ewige Leben… oder auch nicht

von Simon Schöpf
Lesedauer: 5 min.

Graf Dracula schleicht durch sein verwunschenes Schloss und saugt das Blut von unschuldigen Frauen, um ewig jung zu bleiben – man kennt die Geschichte des blutdürstigen Vampirs aus Transsylvanien. Diese Legende ist mittlerweile über 120 Jahre alt, enthält aber einen vermeintlich wahren Kern… In einem etwas gruselig anmutenden Experiment haben amerikanische Wissenschaftler*innen eine alte und eine junge Maus „zusammengenäht“ – Frankenstein lässt grüßen – und die ältere Maus „verjüngte“ sich temporär durch das Blut der jüngeren. Eventuell ein Weg, um ewig zu leben?

Um ein wenig mehr über den aktuellen Stand der Forschung in Bezug auf (würdevolles) Altern herauszufinden, haben wir uns mit Alexander Weiss vom Institut für Alternsforschung an der Uni Innsbruck getroffen und ihn über seine Arbeit dort interviewt. Gleich vorneweg: Das ewige Leben wird es so schnell nicht geben. Alexander Weiss beschäftigt sich mit der zellulären Seneszenz, also dem Phänomen, bei dem unsere Zellen altern und aufhören sich zu teilen. Zelluläre Seneszenz steht in einem engen Zusammenhang mit dem Alterungsprozess und Krankheiten, die im Alter entstehen. Dazu gehören unter anderem Krebs, aber auch neurodegenerative Erkrankungen wie Demenz oder Alzheimer.

Alterungsprozesse und Forschung in Innsbruck

Bisher wurden drei Formen der Zellalterung entdeckt. Einmal steht das Altern im Zusammenhang mit den Telomeren, den Endstücken an unserer DNA. Ein weiteres Modell beschäftigt sich mit den Auswirkungen von reaktiven Sauerstoffspezies auf die Zellen und als dritte Möglichkeit gibt es Funktionsstörungen in den Mitochondrien. Für alle, die seit ihrer Schulzeit nicht mehr von den Mitochondrien gehört haben: Das sind Organellen (Teile der Zelle, die eigene Aufgaben für diese erfüllen, ähnlich wie die Organe in unserem Körper) die chemische Energie für unsere Zellen herstellen. Sie sind also die „Kraftwerke“ oder „Batterien“ unserer Zellen. „Je größer der Energiebedarf einer Zelle, desto mehr Mitochondrien werden gebildet und umgekehrt. Besonders viele Mitochondrien befinden sich in Zellen mit hohem Energieverbrauch; das sind unter anderem Muskelzellen, Nervenzellen, Sinneszellen und Eizellen“ hält Alexander Weiss fest.

Im Zuge der „Zellatmung“ wandeln unsere Mitochondrien den von uns eingeatmeten Sauerstoff in Energie um. Stark vereinfacht gleicht dies der Umkehr der Fotosynthese: Aus Zucker und Sauerstoff wird Energie für die Zelle gewonnen. Wie der Mensch altert, so altern auch seine Zellen mit ihm und somit auch die Mitochondrien. Trotz vieler Reparaturmechanismen kann es zu Schäden an den Mitochondrien kommen und es kann passieren, dass unsere Zellen über längere Zeit zu wenig Energie zur Verfügung haben. Dies kann im weiteren Verlauf zu temporären Leiden, aber auch chronischen Krankheiten führen. Dazu zählen Muskelschwäche, Herzrhythmusstörungen oder Epilepsie und Schlaganfälle. Auch neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer oder Demenz stehen wahrscheinlich im direkten Zusammenhang mit Fehlfunktionen in den Mitochondrien. Der Innsbrucker Forscher arbeitet mit seinem Team an speziellen Aspekten dieser Form der Zellalterung und auch an medikamentöse Möglichkeiten, unsere Mitochondrien langfristig gesund bleiben zu lassen. Alexander Weiss sagt dazu noch: „Geht es unseren Zellen gut, dann geht es uns auch gut“ und gibt gleich noch ein paar Tipps, wie die Zellen und ihre Organellen fit bleiben können:

„Eine ausgewogene und vielseitige Ernährung mit viel basenbildendem Gemüse, sowie genügend Mangan, B-Vitaminen, Magnesium, Selen, Vitamin D und Zink ist das Fundament um die Mitochondrien zu stärken. Diverse Lebensmittel wie Schokolade, Knoblauch, grüner Tee und diverse Obst und Beerensorten können sich positiv auf die Mitochondrien auswirken.“

Wie immer, aber bitte mit Maß und Ziel und Vorsicht bei Versprechungen von „Wundermitteln“ aus der Werbung und dem Internet.

Länger „jung“ bleiben

Zurück zu unserer Frage des „ewigen Lebens“. Alexander Weiss beschrieb das Ziel der Alternsforschung in etwa so: Das Leben ist ein wenig wie ein Zollstock. Es hat einen Anfangspunkt und einen Endpunkt, dazwischen mehr oder weniger definierte Entwicklungsstadien (Pubertät, Klimakterium bei Frauen etc.). Das Ziel ist nicht, das Leben von einem Zollstock in ein Gummiband zu verwandeln, um alles auszudehnen. Es geht mehr darum, den Zollstock zu verlängern und gleichzeitig Krankheiten, die eher am Ende des fiktiven Meterstabes entstehen, so gut wie möglich zu vermeiden bzw. zu bekämpfen. Dadurch soll das „würdevolle Altern“ ermöglicht werden, was sich schlussendlich auch positiv auf die Kosten in unserem Gesundheitssystem auswirken würde. Wir Menschen sind „biochemische Maschinen“ und so gut wie alle Maschinen haben wir ein „Ablaufdatum“. Dieses liegt wahrscheinlich bei 120 bis 130 Jahren, in Zukunft eventuell noch etwas höher, mit Fortschritten in der Forschung. Aber ein „ewiges Leben“, wie es gerne in Science-Fiction Romanen gezeigt wird, ist sehr unwahrscheinlich.

Falls wir nun das Interesse an der Alternsforschung in Innsbruck geweckt haben, könnt ihr euch gerne beim Institut und insbesondere bei den nächsten Veranstaltungen, wie z.B. „Lange Nacht der Forschung“ (sofern Corona das zulässt) informieren. Bei den Links findet ihr auch noch den Science-Slam Beitrag von Alexander Weiss und den Link zur Homepage des Instituts.

Link zur Homepage des Institut: https://www.uibk.ac.at/iba/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert